Bambus spalten
Bambus spalten ...
das ist viel einfacher zu machen als zu beschreiben.
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Ein Bambus-Rohr kaufen, etwa 30–50 mm dick und mit 4-6 mm Wandstärke. Es sollte gelblich sein und darf keine schwarzen Stellen haben. Wenn man darauf klopft, soll es einen hellen Ton abgeben und dabei darf es im Rohr nicht rasseln. Schau dir das Rohrende an. Die Fasern die dem Rohr die Festigkeit geben, sind dort als dunkle Punkte sichtbar. Je dichter und feiner die Fasern sind, umso besser ist das Rohr. Ein Längsspalt im Rohr schadet übrigens nicht. Im Gegenteil, solche Rohre kannst Du im Preis herunterhandeln.
Zum Spalten kann Bambus frisch oder getrocknet sein, aber es sollte wenigstens 6 Monate trocknen, bevor man damit Drachen baut.
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Du brauchst Arbeitshandschuhe, einen 500g-Hammer, ein altes Messer mit starker Klinge und zwei Hartholzkeile, etwa 300mm lang und 30mm breit. Diese messerähnlich geschnittenen Keile brauchen eine scharfe Schneide, die hinten etwa 6mm dick ist
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Schlage mit Hammer und Messer kreuzweise zwei Spalten in ein Rohrende, genau um 90 Grad versetzt.
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Setze den ersten Keil in Spalte 1 und schlage ihn mit dem Hammer etwa 5 cm ins Rohr.
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Setze den zweiten Keil in Spalte 2 und schlage ihn hinter dem ersten hinein.
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Mit dem Hammer beide Keile abwechselnd in Längsrichtung durch das Rohr treiben. Auf diese Weise wird das Rohr dem Faserverlauf folgend genau geviertelt. Wenn der Bambus gut ist gibt es bei jedem Knoten einen hellen Knall.
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Biege den Viertelstab mit der Außenhaut nach innen zum Halbkreis, er sollte vollständig zurückfedern.
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Schlage mit dem Hammer die Knotendeckel aus dem Viertelstab heraus.
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Wenn du einen 6mm-Stab brauchst, solltest du 8 mm vom Viertelstab abspalten. Lege ihn auf eine harte Holzplatte, setze das Messer auf der Stabinnenseite radial über den ersten Knoten, 8mm vom Rand entfernt. Und dann durchtrenne mit einem Hammerschlag den Knoten von innen nach außen, genau rechtwinklig zum Rohrumfang.
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Jetzt durchtrennst du alle Knoten des Stabes einen nach dem anderen auf die gleiche Weise.
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Das Messer in den ersten Knotenspalt einsetzen und so verkanten, daß der Spalt erst zum Stabende und dann zum zweiten Knoten läuft. Dann das Messer in den zweiten Knoten setzen und den Spalt zum dritten verlängern. Der Spalt wird kaum zur Seite verlaufen. Falls aber doch, dann den nächsten Knoten überspringen und vom übernächsten aus rückwärts spalten. So bekommst Du einen Stab, der sauber in Richtung der Fasern gespalten ist und selten mehr als 1mm von der gewollten Breite abweicht.
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Jetzt noch nicht mit Schnitzen beginnen, denn vorher muss der Stab gerichtet werden. Schau mal in Längsrichtung über den Stab, alle Knicke müssen verschwunden sein, bevor das Schnitzen beginnt. Nimm ein Stück Sandpapier und glätte die Stabkanten, damit die harten Bambusfasern deine Hände nicht verletzen. Achte darauf, den Stab immer nur innen und seitlich zu bearbeiten. Seine harte Außenhaut darf nicht beschädigt werden.
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Du brauchst eine Heißluftpistole. In Asien benutzt man eine offene Flamme. Notfalls ist auch ein alter Teekessel zu gebrauchen, aus dessen Tülle heißer Dampf quillt. Die erste Knickstelle des Stabes rundum erhitzen, bis der Pflanzenleim weich wird, der die Bambusfasern zusammenhält. Jetzt kannst Du den Knick vorsichtig mit sanfter Gewalt zurückbiegen. Die Temperatur des Stabes darf aber die Grenze von etwa 80 °C nicht erreichen, bei der die Fasern spröde werden. Ich hab mal gelesen, Experten streichen Zuckerwasser auf den Stab, wenn das Blasen wirft, ist die richtige Temperatur erreicht. Ich vermute, Experten wissen auch ohne Zuckerwasser, wenn die Hitze stimmt.
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Auf die gleiche Weise einen Knick nach dem anderen gerade biegen. Nach dem Abkühlen hat der Stab wieder seine alte Festigkeit. Am Ende sollte er absolut gerade sein.
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Über das Schnitzen will ich hier nicht schreiben. Nur soviel: Das Stabinnere ist ziemlich weich, 1mm Innenschicht muss immer entfernt werden. Die Außenhaut des Stabes nie beschädigen, denn sie gibt dem Stab die Federhärte. Den Stab immer mit seiner harten Außenhaut nach innen biegen. Den Stab innen und seitlich bearbeiten, bis er unter Druck auf die Stabenden genau die gewünschte Biegung bekommt. Ich benutze zuerst einen kleinen Hobel, dann das Messer und zuletzt nur noch Sandpapier für diese Arbeit. Die Knoten nur ganz vorsichtig mit Schleifpapier abtragen und glätten.
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Last not least: Niemals Kompromisse machen, nur beste Stäbe benutze, minderwertige oder schlecht bearbeitete Stäbe aussortieren. Das Arbeiten mit Bambus braucht absolute Gelassenheit, es ist wie Meditation. Wer ungeduldig oder hektisch zum Messer greift, hat schon verloren. Was meinst du, wie viele Stäbe ich schon versaut habe…. ?
Diese Anleitung stammt ursprünglich von Hermann Reincke und ist als Artikel auch im Drachenforum vorhanden.